Marfan-Syndrom (OMNIN-Nr.: 154700)

Defekt: Fibrillin-1 (Mikrofibrillen bildendes cysteinreiches Glykoprotein)

Klinik: Das Krankheitsbild äußert sich im Wesentlichen am Bindegewerbe des Stütz- und Bewegungsapparates (schmalwüchsiger Hochwuchs, „Spinnenfingrigkeit„, Skelettveränderungen), an den Augen (Linsenluxation), am Herzen und der Aorta (Aortenwurzeldilatation, Aortenaneurysmabildung mit Gefahr der Dissektion und Ruptur), Mitralklappenprolaps, seltener Ektasie der Pulmonalarterie mit Pulmonalinsuffizienz bzw. Trikuspitalinsuffizienz. Die inter- und intrafamiliäre Variabilität ist sehr ausgeprägt. Eine sehr schwere, häufig letal verlaufende Form ist das neonatale Marfan-Syndrom.

Diagnostik: Die Diagnose erfolgt klinisch. Nach der Ghent-Nosologie 1996 werden diagnostische Hauptkriterien des Krankheitsbildes fest gelegt: Skelettsystem (erst 4 Manifestationen ergeben ein Hautpkriterium!: Hühnerbrust Pectus carinatum), operationspflichtige Trichterbrust (Pectus excarvatum), Verhältnis der Armspanne („Klafter") zur Körpergröße > 1,05, positives Daumen-/Handgelenkszeichen, Skoliose > 20° oder Spondylolisthetis, eingeschränkte Ellenbogenstreckung (< 170°) Pes planus durch mediale Dislokation des medialen Malleolus, Protrusio acetabuli (nur röntgenologisch).

Augen: Ektopia lentis;kardiovaskuläres System: Dilatation der Aorte ascendens inklusive der sinus Valsavlae, mit/ohne Arotenklappeninsuffizienz, Dissektion der Aorta ascendens; Dura: lumbosakrale durale Ektasie. Familienanamnese und genetische Befunde: Ein Verwandter 1. Grades erfüllt unabhängig von der Indexperson die diagnostischen Kriterien des Marfan-Syndroms, die Fibrillin-1-Mutation, die als ursächlich für das vorliegende Marfan-Syndrom angesehen werden kann, Nachweis eines Haplotyps im Bereich des Fibrillin-Gens 1 (ererbt, muss mit dem Vorliegen eines eindeutig diagnostizierbaren Marfan-Syndroms in der betroffenen Familie verknüpft sein).

Diagnose: Die molekularbiologische Analyse des FBN-1-Gens ist technisch aufwendig.

Therapie: Eine ursächliche Behandlung gibt es nicht. Verbreitet ist der Einsatz von ß-Blockern bei regelmäßiger kardiologischer Kontrolluntersuchung.Bei Linsenektopie ist eine Linsenextirpation sinnvoll. Von Leistungs-, Kontakt- und Kampfsportarten sowie die Betätigungen, die zu abrupten Erhöhungen des intrathorakalen Druckes führen (z.B. Gewichtheben oder Tauchen) ist dringend abzuraten. Für eine werdende Mutter mit Marfan-Syndrom besteht grundsätzlich eine Risikoschwangerschaft. Patienten mit Mitralklappenprolaps haben ein erhöhtes Risiko für eine Endokarditis.

Vererbung: Die Erkrankung wird autosomal dominant vererbt. Eine pränatale Diagnose ist möglich in Amnionzellen oder Chorionzotten (-zellen), sofern der zugrunde liegende Defekt in einem Indexfall bekannt ist.Das zugrunde liegende defekte Gen ist auf dem Chromosom 15q21 lokalisiert.

Sonstiges:

 Selbsthilfegruppe: Marfanhilfe (Deutschland) e.V. Marthastr. 10, 51069 Köln, Tel.: 0221-6805683; Marfan-Tel.: 02381-26273; Email: Marfan.Hilfe@T-online.de

update: 05/2000, Pontz